Das Musikalische Opfer ist ein legendärer Werkzyklus aus Bachs letzten Lebensjahren. Das Ensemble Diderot rückt es mit einer Videoinstallation in ein besonderes Licht. Der Leiter des Ensembles, Johannes Pramsohler, gibt einen Einblick in dieses Projekt.
Johannes, könntest du bitte eine kurze Beschreibung des Musikalischen Opfers geben? Wie ist es aufgebaut?
Johannes Pramsohler Das Musikalische Opfer ist, wie sein Schwesterwerk, Die Kunst der Fuge, eine Sammlung von kontrapunktischen Sätzen, die alle auf demselben Thema aufgebaut sind. Man könnte es auch «Die Kunst des Kanons» nennen, da Bach das Thema in zehn Kanons auf ganz unterschiedliche Weise verarbeitet. Dazu kommen zwei Fugen, von denen das sogenannte Ricercar a 6 als Kernstück des Werks und als eines der wichtigsten Werke für Tasteninstrument überhaupt gilt. Weiterer Höhepunkt ist eine Triosonate für Flöte, Violine und Basso continuo, die den glorreichen Abschluss des barocken Triosonatenschaffens darstellt.
Warum ist es so rätselhaft und was ist das Besondere daran?
Die Rätsel beschränken sich nicht nur auf die Auflösung der einzelnen Kanons, für die Bach oft keine Angabe gibt, sondern vor allem auf die Aufführung. War eine Aufführung von Bach je vorgesehen oder handelt es sich um ein theoretisches Werk, ein intellektuelles Gedankenspiel? In welcher Abfolge spielt man die einzelnen Sätze und was soll das Ganze dem heutigen Publikum sagen?
Was versprecht ihr euch vom Video?
Die Antwort auf meine Frage. Es dem Publikum näher zu bringen, ohne daraus einen wissenschaftlichen Vortrag zu machen.
Wie habt ihr mit dem Videokünstler zusammengearbeitet?
Der Entstehungsprozess war unglaublich interessant und bereichernd. Ich habe mit Pierre Nouvel viel an der Partitur gearbeitet und ihm meine Sichtweise des Werks erklärt und bin mit ihm die unterschiedlichsten Interpretationsansätze durchgegangen. Wir haben dann zusammen mit ihm und meinen Kollegen in mehreren Arbeitsphasen die Videos mit unserem Spiel verbunden. Es war faszinierend zu sehen, wie unsere Interpretation auch durch die Videos, die ja Pierres Sichtweise auf das Werk darstellen,
beeinflusst wurde.
Wie war die Reaktion des Publikums bei bisherigen Aufführungen?
Ganz unterschiedlich. Besonders in Frankreich kommen Leute, die noch nie in einem klassischen Konzert waren, weil sie die Arbeit von Pierre Nouvel kennen, der in der Theaterszene ein Star ist. Es fällt immer wieder auf, dass Bach-Puristen sich denken, mit den Videos nichts anfangen zu können, dann aber merken, dass wir die Musik nicht zum Soundtrack degradieren, sondern
FRAGEN Wolfgang Laubichler
BILD Ulrike Rehmann
SCREEN & SCORE: BACH – EIN MUSIKALISCHES OPFER
SA/ 30.11.24
Beginn 20.00 Uhr. Großer Saal.