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Judenhass in der Musik

Erschreckende Kontinuität

Obwohl die jüdische Minderheit in Tirol nur einen verschwindend kleinen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung ausmachte, war sie über Jahrhunderte bis in die Gegenwart offenem Hass und tief verwurzelten Ressentiments ausgesetzt. Dieser Hass hatte viele Gesichter und manifestierte sich in der Musik auf vielfältige Weise.

Im geistlichen Spiel des Mittelalters sowie in Gesängen, die auf die verbreiteten Ritualmordlegenden Bezug nehmen – Spottlieder begegnen uns bereits im Mittelalter und sind heute noch präsent. Auch Tiroler Komponisten schufen und editierten aggressiv antijüdische Gesänge. Diese Schau vermittelt anhand ausgewählter Themenkomplexe und Objekte das Bild einer erschreckenden Kontinuität des Judenhasses in der Musik.

„Man kann fast von einem Judenhass ohne Juden sprechen.“

Kuratorin Milijana Pavlović

Tirols spöttische Klänge

Milijana Pavlović vom Institut der Musikwissenschaft der Uni Innsbruck und Franz Gratl, Leiter der Musiksammlung der Tiroler Landesmuseen, haben in diversen Archivbeständen erschütternde Zeitdokumente gesichtet: Sie belegen den weit verbreiteten Hass gegen Juden, den tief verwurzelten Antisemitismus, der sich in Tirol über Jahrhunderte auch in der Musik auf widerwärtige Weise zeigte. Die Exponate umfassen Musikpartituren, Lied-und Gesangstexte, Illustrationen sowie Zeitzeugenberichte in Form von Videodokumenten.

Judenhass ohne Juden

Spott und Hohn, Diffamierung und Verfolgung von Juden spiegelten sich in Liedern, Singspielen und Gesängen, ja sogar in Passionsspielen wider. Eines der bekanntesten Tiroler Beispiele dafür, wie Juden als Sündenböcke für frei erfundene Schandtaten herhalten mussten ist wohl der antisemitische Kult um den Anderl von Rinn, der am 12. Juli 1462 im Nordtiroler Dorf Rinn von ortsfremden Juden rituell ermordet worden sein soll. Über mehrere Jahrhunderte hinweg wurden seine Gebeine, die man angeblich in der Wallfahrtskirche im Ortsteil Judenstein bei Rinn aufbahrte, Ziel von Pilgern. Erst Bischof Reinhold Stecher sprach in den 1990er Jahren ein offizielles Verbot des Kultes aus.

 

„Die Zeitdokumente belegen den weit verbreiteten Hass gegen Juden, den tief verwurzelten Antisemitismus, der in Tirol über Jahrhunderte auch in der Musik seine widerwärtige Fratze zeigte.“

Tiroler Tageszeitung

Zur Ausstellung:

Judenhass in der Musik
Kontinuitäten über Jahrhunderte

Idee, Konzept und Gestaltung:
Dr. Franz Gratl, Leiter der Musiksammlung, Tiroler Landesmuseen
Dr.in Milijana Pavlović, Institut für Musikwissenschaft, Universität Innsbruck

Öffnungszeiten:
Die Ausstellung ist zu den jeweiligen Öffnungszeiten des Kassa- und Aboservices im Haus der Musik Innsbruck zugänglich. Den Ausstellungsbereich im 2. Stock erreichen Sie über den Haupteingang und das Stiegenhaus OST des Hauses der Musik Innsbruck.

Judenhass in der Musik

Kontinuitäten über Jahrhunderte

Von 09.11.22 bis 08.05.23
Eintritt Frei
Haus der Musik, Universitätsstraße 1, 6020 Innsbruck

Infos & Führungen

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