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Minimal verschoben, eng verwoben

Das Klavierduo und Ehepaar Maki Namekawa und Dennis Russell Davies bringt Le sacre du printemps und Werke von Steve Reich und Philip Glass auf die Bühne und mit Live Visuals von Cori O’Lan auf die Leinwand.

Wenn sich Dennis Russell Davies und Maki Namekawa in Innsbruck gemeinsam ans Klavier setzen, um Steve Reichs Piano Phase zu spielen, dann gehen sie zurück an ihre Anfänge als Klavierduo. Piano Phase war vor zwanzig Jahren das erste Stück, das sie gemeinsam für ein Konzert einstudierten. „Nachdem ich das bewältigt hatte“, scherzt der Pianist und Dirigent, „hat meine Frau entschieden, auch weiterhin mit mir aufzutreten.“ Die besondere Schwierigkeit an dem ikonischen Werk der Minimal Music liegt gerade darin, immer das Gleiche zu tun. Während der Pianist eine Abfolge von zwölf Sechzehntelnoten im selben Tempo wiederholt, weicht die Pianistin im Tempo minimal ab. Durch die Verschiebung entstehen immer wieder neue harmonische und rhythmische Muster. Am Schluss finden die beide Stimmen wieder zusammen und beenden das Stück synchron.

Das Konzert führt das Paar auch zurück in die Zeit der Lockdowns, als Gerfried Stocker alias Cori O’Lan sie dazu einlud, einmal wöchentlich im Ars Electronica Center in Linz ein Streaming-Konzert zu geben. Die Visuals entwickelte er jeweils passend zu den einzelnen Stücken, im Konzert kann das Klavierduo durch sein Spiel beeinflussen, was auf der Leinwand geschieht. Neben Piano Phase wählten sie dafür Three Pieces for Four Hands von Philip Glass aus, mit dem sie eine langjährige Freundschaft und Zusammenarbeit verbindet: das vierhändige Werk Stokes und zwei Zwischenspiele aus den Opern The Voyage und Orphée. Während Dennis Russell Davies aus Glass’ Opernmusiken selbst Klavierfassungen erstellte, war das beim dritten Werk des Abends, Igor Strawinskys Ballettmusik Le sacre du printemps, nicht nötig. Man sei bei der vierhändigen Version, die Strawinsky für die Ballettproben schrieb und mit Claude Debussy selbst aufführte, regelrecht ineinander verwoben, meint Namekawa. „Die Hände klettern übereinander und man muss auf sein Kinn aufpassen.“ Der Macht der Musik tut die Reduktion auf vier Hände übrigens keinen Abbruch. „Man ist immer wieder erstaunt über die Qualität und die harmonische, melodische Vielfältigkeit dieser Musik“, befindet Dennis Russell Davies. Die diffizile Balance zwischen Rhythmus, Harmonien und Melodien zu halten, gelinge am Klavier sogar besonders gut.

Von Esther Pirchner

 

SCREEN & SCORE: DIE MAGIE DES RHYTHMUS

Reich, Glass, Strawinsky mit Realtime

FR 28. April2023
Beginn 20.00 . Großer Saal

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