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Unfassbar schöne Musik: Die Geschichte einer gelungenen Zusammenarbeit

Für den perfekten Klang in Konzert und Oper braucht es gute Räume zum Proben. Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck (TSOI) fand den adäquaten Rahmen dazu im Haus der Musik Innsbruck. Regelmäßig folgen die Musiker*innen, unter ihnen Cellist Peter Polzer, auch der Einladung von Hausherr Wolfgang Laubichler, in den von ihm gestalteten Konzertreihen mitzuwirken.

Ein Haus mitten in der Stadt, in dem die Musik die Hauptrolle spielt, in dem man unter guten Bedingungen proben, auftreten und sich austauschen kann, darauf warteten viele Interpret*innen über Jahre. Mit dem Haus der Musik Innsbruck konnte 2018 diese Lücke geschlossen werden – auch und vor allem für das TSOI. Dass das Orchester auch in das Konzertprogramm des Hauses eingebunden sein sollte, war für Direktor Wolfgang Laubichler von Anfang an klar.

Im Interview erzählen er und Cellist Peter Polzer von der gelungenen Zusammenarbeit und von zwei außergewöhnlichen Projekten der laufenden Saison: das Academie Konzert „La Follia di Spagna“ mit Alter Musik unter der Leitung von Bernhard Goebel sowie eine Uraufführung von María de Alvear und Robert Schumanns Violinkonzert in der Reihe Screen & Score.

© Franz Preschern

Auf eine Verbesserung der Probenbedingungen musste das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck lange warten. Wie haben Sie als Musiker den Umzug ins Haus der Musik Innsbruck erlebt?

Peter Polzer: Für uns war es eine enorme Erleichterung. Wir hatten jahrzehntelang um eine Heimstätte gekämpft, in der die Parameter für unsere Arbeit passen. Als es endlich so weit war, war das toll für uns. Seither haben wir endlich Übungsräume, Garderoben, Aufenthaltsräume in ausreichender Zahl und guter Qualität. Am Großen Saal mussten wir noch kleinere Adaptierungen vornehmen, aber jetzt ist es ist wunderbar: die Akustik, die Größe und einfach auch die Optik.

Ist das Orchester auch sonst gut ins Haus eingebunden?

Peter Polzer: Wir hatten das Glück, dass das Haus eine Zeitlang vor der Corona-Pandemie eröffnete und wir es ausgiebig nutzen konnten. Wir schätzen es sehr, dass wir unsere Musikvermittlungsformate und unsere Kammerkonzertreihe in so einem herrlichen Ambiente präsentieren können. Die letzten zwei Jahre waren zwar ein bisschen schwierig und nicht repräsentativ, aber grundsätzlich gibt es auch die Möglichkeit der Begegnung, einer Verschränkung mit den anderen Institutionen im Haus.

© Franz Preschern

Eine Verschränkung gibt es vor allem auch mit zwei hauseigenen Konzertreihen. Das Orchester wirkt an den Academie Konzerten und an Screen & Score mit. Entwickeln Sie die Programme gemeinsam?

Wolfgang Laubichler: Die Idee zu den Reihen hatte ich primär alleine, aber ich bin sehr froh, dass die Musikerinnen und Musiker in dieser Art und Weise mitmachen. Bei den Academie Konzerten spielen sie Alte Musik – ein für das Orchester eher ungewöhnliches Repertoire. Bei Screen & Score liegt der Fokus auf zeitgenössischen Kompositionen. Auf diesem Gebiet gehört das Symphonieorchester ohnehin zu den besten in Österreich. Diese zwei Pole möchte ich gerne bedienen, nicht nur weil es persönliche Steckenpferde sind, sondern weil beides im Saal sehr gut funktioniert. Die Chance, das mit einem so professionellen Orchester zu machen, ist fabelhaft.

Peter Polzer: Ich sehe das auch so. Wir sind natürlich sehr eingespannt mit der Arbeit als Opernorchester, mit den Symphoniekonzerten und weiteren Sonderkonzerten. Aber dass auch andere Projekte stattfinden können, ist wichtig. Sie bereichern unseren Arbeitsalltag, weil es nicht das übliche Repertoire ist. Und das Spiel in kleineren Besetzungen sorgt für eine andere Dynamik.

„Die Projekte im Haus der
Musik Innsbruck bereichern
unseren Arbeitsalltag.“

Peter Polzer, Cellist im Tiroler Symphonieorchester Innsbruck

Wie erschließen Sie sich im Orchester die ganz alte und die ganz neue Musik? Oft bleiben diese Werke ja Spezialistenensembles überlassen.

Peter Polzer: Wenn wir beispielsweise in den Academie Konzerten mit interessanten Persönlichkeiten zusammenarbeiten – vergangenes Jahr mit Jörg Widmann oder jetzt mit Bernhard Goebel –, können wir sehr viel mitnehmen. Goebel ist eine spezielle Persönlichkeit, aber ein großer Fachmann auf seinem Gebiet. Als Klangkörper kann man davon nur profitieren. Alte Musik zu spielen, war anfänglich für manche im Orchester vielleicht ungewohnt, aber durch die Kontinuität in der Arbeit und die Anzahl der Projekte wird es selbstverständlich.

Spielen Sie auf modernen Instrumenten?

Peter Polzer: Ja, denn die allermeisten Orchestermitglieder sind nicht auf historischen Instrumenten ausgebildet. Bei der Interpretation geht aber ohnehin mehr um Phrasierungen, um die Spielweise.

Wolfgang Laubichler: Reinhard Goebel sagt das auch so: Es kommt nicht auf das Instrumentarium an, sondern auf die Art zu spielen. Natürlich sind die Klangfarben bei modernen Instrumenten ein wenig anders als auf den historischen mit ihren Darmsaiten, aber das Ergebnis klingt trotzdem authentisch. Ein weiterer interessanter Aspekt der Barockmusik ist die Leitung aus den eigenen Reihen. Bei Goebel ist das leider nicht mehr möglich, aber er hat die historische Aufführungspraxis so geprägt, dass das nicht ins Gewicht fällt. Einige seiner Einspielungen sind Meilensteine und gelten noch heute als Referenzaufnahmen. Das Projekt mit ihm – „La Follia di Spagna“ – ist sehr spannend. Ich freue mich auch, dass er meinen Vorschlag aufgegriffen und die Symphonie von Juan Crisóstomo de Arriaga ins Programm aufgenommen hat.

© Franz Preschern | © Franz Preschern

Anders als in der Alten Musik können in der zeitgenössischen die Komponistinnen und Komponisten über ihre Werke Auskunft geben. Arbeiten Sie im Orchester direkt mit ihnen zusammen – etwa im Rahmen der Klangspuren oder jetzt beim Konzert von María de Alvear?

Peter Polzer: Gerade im größeren Verbund ist eher der Dirigent der Knotenpunkt. Aber es kommt schon vor, dass wir den direkten Input von einer Komponistin oder einem Komponisten bekommen. Das ist wichtig und hilfreich. Umgekehrt entstehen einige Werke auch als Work in Progress und verändern sich, wenn ein Komponist den Input der Interpretinnen und Interpreten bekommt.

María de Alvear kommt zur Uraufführung ihres neuen Orchesterwerks „Ahnen“ nach Innsbruck. Dafür hat sie ein Kammermusikstück erweitert. Was erwartet das Publikum?

Wolfgang Laubichler: Sie hat es ausgedehnt und für ein Orchester mit relativ kleiner Besetzung komponiert. Stilistisch darf man sich keine total avantgardistische Musik erwarten, es ist vielmehr sehr kontemplativ. Auch das Video, das Marías Schwester Ana de Alvear dazu gedreht hat, ist so. Die Musik klingt einfach wahnsinnig schön, wir werden auch konservativere Zuhörer nicht verschrecken.

© Franz Preschern

Das zweite Stück an diesem Abend ist Robert Schumanns Violinkonzert. Haben Sie bewusst ein Werk der Romantik ausgesucht?

Wolfgang Laubichler: Wir haben lange überlegt, was wir dem Stück von María de Alvear gegenüberstellen. Sie hat ihm den Titel „Ahnen“ gegeben – mit dem Doppelsinn von Déjà-vu und den historischen Ahnen –, daher haben wir uns für ein Stück aus dem traditionellen Repertoire entschieden. Es sollte aber unbedingt ein zukunftsweisendes, nicht zu konservatives Stück sein. Das traf auf Schumanns Violinkonzert zu, das ja erst in den 1930er-Jahren uraufgeführt wurde. Ich finde es einfach ein unfassbar schönes Werk, und dass Annedore Oberborbeck als Solistin zugesagt hat, freut mich umso mehr.

Gespräch: Esther Pirchner
Fotos: Franz Preschern

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