Das HDM und musik+ veranstalten nun schon in der dritten Saison Konzerte mit Werken von Arnold Schönberg – Musik, die leider viel zu selten aufgeführt wird. Begleitet werden die Konzerte von einer vom Arnold Schönberg Center Wien kuratierten Ausstellung. Oswald Sallaberger leitet nun zum dritten Mal ein Konzert mit Schönbergs Kammermusik.
Wie war deine erste persönliche Begegnung mit Schönbergs Musik?
Oswald Sallaberger Als mir zum ersten Mal Schönbergs Musik begegnet ist – ich war Jugendlicher im Violinstudium am Mozarteum – hatte ich zwei Gefühle. Auf der einen Seite die Meinung vieler Konzertbesucher: innen, das sei mathematische Musik besonders in der Zwölftonperiode und deshalb kaum hörenswert, ja manche hielten sie für unschön. Auf der anderen Seite hatte ich den Eindruck einer komplett anderen Klangwelt, zusammengesetzt aus Traum, Poesie, durchaus lyrisch, vom Herzen kommend und fühlbar auf sicheren Strukturen. Die neue, vielleicht anfangs befremdliche Musiksprache Schönbergs verlor recht bald für mich ihren Schrecken. Ich fuhr zu Aufführungen und stellte ein Ensemble zusammen,
um Pierrot Lunaire zu interpretieren. Ein wunderbares Erlebnis.
Wo liegen die Herausforderungen bei der Interpretation dieser Musik und worauf legst du Wert?
Schönbergs Streben ist in einem gewissen Sinn politisch oder sozial, eine Utopie des friedvollen Miteinanders aus dem Geist der Toleranz und Gleichwertigkeit. Die Gleichstellung der Bedeutung der 12 Töne in einer gewählten sogenannten Reihe, komplex ineinander verwoben, machen ein tönend tanzendes Universum in einem sich ständig findenden Gleichgewicht erfahrbar, auf allen Ebenen ob Haupt- oder Nebenstimme, ob Solo oder Begleitung. Alles schwebt, alles fließt und ist nur durch den strengen Ablauf der Reihe zusammengehalten.
Hast du einen bestimmten Interpretationsansatz, um mehr Menschen mit Schönbergs Musik zu erreichen?
Als Musiker:innen ist es uns ein Herzensanliegen, uns näher zu empfinden am emotionalen Ausdruck dieser Musik, diesen einfach zu vermitteln und zum Teilen einzuladen. Und dabei schwingt durchaus das Unrecht mit über das, wie die Musik einmal abgewertet wurde und leider noch wird und dass das nicht rückgängig gemacht werden kann. Gerade im Anspruch einer Tiefeninterpretation kann die Geschichte nicht ausgeknipst werden, sondern sie möge quasi mitschwingen wie in einem von Klängen errichteten Zeitraum, der sich vom Aufführungszeitpunkt rückwärts bis zur Schöpfungszeit aufspannt. Es ist sicher schwere Kost und ungewohnt. Aber ungewohnt muss nicht automatisch unschön heißen.
Sind beim Begriff Schönheit aber nicht endlich auch andere Parameter anzuwenden als die gängigen?
Die Musik Schönbergs hat das gewisse Melos, hat Tiefe, Größe und auch Humor. Aber vor allem ganz speziell hat sie den Schalk!! Der Schalk, ein spezieller Witz, der im Nacken sitzt. Wenn man trotzdem lacht, oder über sich selbst lacht, oder zum falschen Zeitpunkt lacht, oder zu spät oder zu früh lacht, oder lacht obwohl es nichts zu lachen gibt. Diese Musik hat bei aller Strenge ein Schmunzeln, ist liebenswürdig charmant, österreichisch, nahe am Menschlichen.
FRAGEN Wolfgang Laubichler
BILD Franz Preschern
WORT & MUSIK: IM PORTRAIT – SCHÖNBERG II
Serenade und Suite
SA / 20.1.24
Beginn 20.00 . Großer Saal